Von Brüssel nach Deutschland reisend, war uns vor einigen Wochen bei einem Stopp in Aachen, im dortigen „Kultur-Anzeiger“, die Ankündigung zweier Nina-Hagen Konzerte aufgefallen. Hagen hat sich vor zwei Jahren taufen lassen, evangelisch -reformiert, und würde in zwei Kirchen je ein „Jesus-Gospel“ Konzert geben. Wir dachten dass dies die Gelegenheit, durchaus auch der passende Rahmen sein könnte, auf Nina’s Angebot einer gemeinsamen Akltion zurückzukommen, und fragten sie ob wir dabei auf unsere Initiative hinweisen, und um Spenden werben dürften. Sie bejahte dies in zwei persönlichen Mails, lud uns ausserdem zu den Konzerten selbst ein, und versprach uns dabei auch ein „Jesus-Gospel“ zu widmen.
Nach letzter Rücksprache mit Klaus Ascheneller, Hagen’s Manager, betrete ich, mit Info-Material ausgerüstet, 90 min vor Konzertbeginn als Erster von uns die Kirche: Ich treffe einen Mitarbeiter Nina Hagen’s , der mich, noch wohlgemut, über zwei weitere Stationen zu einer anderen Nina, mit dahinter folgendem Doppelnamen, führt, der von der EUREGIO-Aachen gestellten “ Veranstaltungs-Managerin“. Diese, sofort verbissen-feindselig, faucht mich an: „Davon weiss ich nichts, hier können Sie nicht verteilen“. Ich erkläre kurz den Inhalt unserer Initiative und Nina Hagen’s persönliche Einladung, was sie aber eher noch aggresiver macht : „Das ist egal, ich und mein Chef(von der Stadt Aachen) haben hier das Hausrecht (das sollten an beiden Abenden noch viele von sich behaupten), auch Nina Hagen ist hier nur Gast, wenn überhaupt dann vor der Kirche „. Erst später kann ich völlig ermessen, welche Angst die Frau davor gehabt haben muss, in einer katholischen Stadt wie Aachen, und einer Kirche die zwar nun der Stadt gehört, aber von Nonnen, die den Schlüssel haben, verwaltet wird, dafür verantwortlich gemacht zu werden, dass Flyer zum katholischen Tabuthema „Priesterkinder“ verteilt werden. Sie knallt noch die Tür hinter sich zu, und stellt sich davor, um zu verhindern dass ich Klaus Ascheneller, der wohl schon anwesend ist, direkt ansprechen kann.
Wir machen die Not zur Tugend, ich beginne vor dem Tor, knapp ausserhalb des Kirchengeländes, unsere Flyer zu verteilen, und uns zu erklären : “ Wir werden von Nina Hagen unterstützt, sie widmet uns heute ein Jesus Gospel….ein wirkliches Tabu-Thema, gerade in einer katholischen Stadt wie Aachen sehr wichtig“ Die Zettel gehen sehr gut weg, fast keiner lehnt sie ab.
Dann plötzlich steht die Nonne vor mir, eine andere Dame, ohne Habit, aber ansosnsten auch in schwarz, hinter ihr : „Hören Sie sofort auf diese Zettel zu verteilen, und hauen Sie ab hier, sonst rufe ich die Polizei“. Sie versucht mich zu schubsen, und mir die Flyer wegzureissen, fixiert mich mit -ich muss es leider sagen- sehr katholisch hasserfülltem Blick. Auch die Frau hinter ihr feindet mich an, schreit : “ Die Nonnen haben hier das Hausrecht “ (Ja wer denn nun ?). Vielleicht entzerren nur zwei Handy-Anrufe, die ich in diesen Momenten bekomme, und kurz wegdrücken muss, die Lage soweit, dass der totale Eklat ausbleibt. „Wenn Sie sich mit Nina Hagen schmücken, müssen Sie auch ihre Meinungen akzeptieren“ sage ich und verweise nochmal auf meine persönliche Einladung durch die Künstlerin. Dagegen kann sie nicht wirklich etwas einwenden, verbittert lässt die Nonne erstmal ab: Später wird sie mich in der Kirche noch einmal mit Hass fixieren, und „Lügner, Lügner, Lügner“ nennen, ausserdem versucht sie wohl auch noch Ascheneller und andere mit der Behauptung gegen mich aufzubringen, ich hätte während des Konzertes in der Kirche verteilt.
Während all dem, hatte meine Mutter, nachdem klar war dass uns diese Kirche keinen „Opferstock“ für die „Kollekte“ zugunsten unserer Initiative leihen würde, im nahen Restaurant vom Ober einen Brotkorb besorgt, der dann nach dem Konzet als Sammelkorb zum Einsatz kommt. Schon von kurz vor Ende des Konzerts an steht sie dann am Tor, erklärt weiteres zum Thema, und sammelt für die Arbeit unserer Initiative. Viele Leute hören zu, viele spenden : „Es ist höchste Zeit dass dieses Thema aufgegriffen wird“ ,“Da geschieht unheimlich viel Unrecht“ : Wieder einmal ist die Diskrepanz zwischen Staat (hier Stadt und EUREGIO), die der Kirche um jeden Preis helfen wollen Unrecht zu vertuschen, und der Bevölkerung, die sehr wohl versteht und Veränderung will, riesengross.
An diesem ersten Abend treffen wir Nina Hagen nicht mehr persönlich, obwohl wir am Anfang von einem Mitarbeiter mit „backstage-Karten“ versorgt wurden, schreit die EUREGIO-Dame den Türsteher, auf dessen Frage ob er mich reinlassen darf, an : „Nein, den nicht, der kommt hier nicht rein“ . Wir sehen Nina Hagen deshalb nur von weiter weg Interviews geben und Autogramme schreiben, sind aber dankbar für die Möglichkeit des Verteilens, die Reaktion der Leute, und die gesammelten Spenden.